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Geschichte der Pädagogik an der Universität Zürich

Friedrich Schumann (1863–1940)

Abstract

Friedrich Schumann (1863­–1940) war von 1905 bis 1910 ordentlicher Professor für Systematische Philosophie, Allgemeine Pädagogik und Experimentelle Psychologie an der Universität Zürich sowie Leiter des Psychologischen Laboratoriums.

Friedrich Schumann (1863­–1940) war von 1905 bis 1910 ordentlicher Professor für Systematische Philosophie, Allgemeine Pädagogik und Experimentelle Psychologie an der Universität Zürich sowie Leiter des Psychologischen Laboratoriums.

Schumann wurde 1863 in Hildesheim geboren. 1892 habilitierte er sich bei Georg Elias Müller in Göttingen. Von 1894 bis 1905 war er in Berlin als Assistent bei Carl Stumpf, einem Pionier der experimentellen Psychologie, tätig. Gleichzeitig blieb Schumann aber Müller verbunden: In einer Gruppe rund um Müller bereitete er den ersten Kongreß für experimentelle Psychologie vor, der vom 18. bis 21. April 1904 in Gießen zum ersten Mal stattfand und die namhaften Exponentinnen und Exponenten der experimentellen Psychologie aus dem deutschsprachigen Raum versammelte. Begleitend wurde auf Schumanns Initiative eine Ausstellung experimentalpsychologischer Apparate realisiert. Anlässlich des Kongresses wurde zudem die Gesellschaft für experimentelle Psychologie gegründet (1929 umbenannt in Deutsche Gesellschaft für Psychologie). Schumann übernahm als Vorstandsmitglied die Aufgabe des Schriftführers. Kongress und Gesellschaft bestehen bis heute (Deutsche Gesellschaft für Psychologie 2018; Rüegsegger 1986; Schumann 1904; Sommer 1904; Wenninger 2000).

Tachistoskop
Schumann stellte anlässlich des ersten Kongresses für experimentelle Psychologie 1904 in Giessen ein Tachistoskop vor. Dieses diente der sehr kurzen Darbietung visueller Reize, z.B. von Buchstaben oder Bildern (Spindler & Hoyer 1908).

Schumann wurde 1905 als Nachfolger Ernst Meumanns nach Zürich berufen. Die Fakultät begründete die Dringlichkeit der Wiederbesetzung des Lehrstuhls mit der „grossen Zahl der Praktikanten“ des Psychologischen Instituts (Erziehungsrats-Protokoll vom 20.9.1905, zitiert nach Rüegsegger 1986, S. 49). Schumann hat an der Universität Zürich nur wenige Spuren hinterlassen: In den Universitätsakten finden sich weder Curriculum Vitae noch Foto oder Publikationslisten. Er las in Zürich Einführungen und Übungen zu Psychologie und Pädagogik, Einführungen zu Philosophie sowie zu Logik und Naturphilosophie. Konstanten von Schumanns Lehrtätigkeit in Zürich sind das Praktikum für Fortgeschrittene im Psychologischen Laboratorium und die Psychologie-Vorlesung (Rüegsegger 1986; Universität Zürich 1906–1910).

Ab 1909 war Schumann Mitherausgeber der Zeitschrift für Psychologie und Sinnenphysiologie (später: Zeitschrift für Psychologie). 1910 verliess er Zürich und ging als Dozent an die Akademie der Sozial- und Handelswissenschaften nach Frankfurt am Main. Nach Schumanns Weggang konnte 1911 Gottlob Lipps den Lehrstuhl in Zürich übernehmen. Er war in Konkurrenz zu Schumann bereits 1905 für die Nachfolge Meumanns im Gespräch gewesen. 1914 bis 1928 unterrichtete Schumann als ordentlicher Professor Philosophie und Psychologie an der Universität Frankfurt. Von 1910 bis 1929 leitete er dort das Institut für Psychologie. Dieses war unter anderem für die Herausbildung der Gestaltpsychologie nach Frankfurt-Berliner-Prägung bedeutungsvoll, an der mehrere Stumpf-Schüler (Wertheimer, Koffka, Köhler und Schumann) beteiligt waren (Rüegsegger 1986; Wenninger 2000).

Friedrich Schumann (1863–1940)
Bildlegende: Max Wertheimer vor einem Tachistoskop in Schumanns Laboratorium in Frankfurt (Anonymous n.d.).

 

Schumanns Publikationen und Beiträge an den Kongressen für experimentelle Psychologie beschäftigen sich in der Hauptsache mit Gedächtnis, Sinnenpsychologie, Wahrnehmung und Lesen. Insgesamt scheint sich seine wissenschaftliche Bedeutung allerdings weniger auf diesem Weg niederzuschlagen. Vielmehr deuten seine Vorstandstätigkeit für Kongress und Gesellschaft für experimentelle Psychologie, seine Mitherausgeberschaft der Zeitschrift für Psychologie und Sinnenphysiologie sowie seine Labortätigkeit auf eine hervorragende Vernetzung und prägende Rolle innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Seine diesbezüglichen Aktivitäten dürften wesentlich zur Formung der Psychologie als eigenständige wissenschaftliche Disziplin beigetragen haben. Schliesslich hat er auch Apparate für psychotechnische Laboratorien entwickelt (Rüegsegger 1986; Wenninger 2000).

Von Friedrich Schumann betreute Dissertation an der Universität Zürich im Bereich Pädagogik

1906

Dürr-Borst,  Marie

Die Erziehung der Aussage und Anschauung des Schulkindes

Vgl. Dissertationsdatenbank 1899-1955

Quellen und Literatur

Anonymous. n. d. [Max Wertheimer in front of a tachistoscope in Friedrich Schumann's laboratory in Frankfurt]. Photograph. (Collection Rand B. Evans) Zugriff am 11. Februar 2018 unter http://vlp.mpiwg-berlin.mpg.de/library/data/lit38372

Deutsche Gesellschaft für Psychologie. (2018). Homepage. Zugriff am 5.2.2018 unter https://www.dgps.de/

Rüegsegger, R. (1986). Die Geschichte der Angewandten Psychologie 1900–1940. Ein internationaler Vergleich am Beispiel der Entwicklung in Zürich. Bern, Stuttgart, Toronto: Verlag Hans Huber.

Schumann, F. (Hrsg.). (1904). Bericht über den 1. Kongreß für experimentelle Psychologie in Gießen vom 18. bis 21. April 1904. Leipzig: Verlag von Johann Ambrosius Barth.

Sommer, R. (1904). Die Ausstellung von experimental-psychologischen Apparaten und Methoden bei dem Kongreß für experimentelle Psychologie, Gießen, 18.–21. April 1904. Leipzig: Verlag von Johann Ambrosius Barth.

Spindler & Hoyer. (1908). Apparate für psychologische Untersuchungen. Katalog 1908. 136-138. Zugriff am 11.2.2018 unter http://cerere.astropa.unipa.it/biblioteca/Strumenti/e-catalogues/Spindler1908/Catalogo.html

Universität Zürich. (1906–1910). Verzeichnis der Vorlesungen an der Hochschule Zürich im Sommersemester 1906­ – Sommersemester 1910. Zürich: Zürcher und Furrer/Aktien Buchdruckerei Zürich.

Wenninger, G. (2000). Lexikon der Psychologie. In fünf Bänden. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.

Autorenschaft

Judith Mathez

Zeitmarke

20.9.1905