Heinrich Tuggener (1924-2019)
Heinrich Tuggener wurde am 1. August 1924 in Cambrai (Nordfrankreich) geboren. Seine Familie zog 1925 zurück in die Schweiz. Da sein Vater Zivilangestellter im Militär war und seine Stiefmutter als Primarlehrerin in Zürich arbeitete, lebte er bei seiner Grossmutter. Er besuchte die Realschule Gelbhausgarten in Schaffhausen und leistete anschliessend Militärdienst.
Nach dem Schulabschluss trat er in das Evangelische Seminar Zürich Unterstrass ein und erwarb 1945 das Primarlehrerpatent. Seine erste Festanstellung hatte er in der psychiatrischen Beobachtungsstation Brüschhalde in Männedorf. Dort lernte er auch seine Partnerin, Margaretha Dällenbach, kennen und die beiden heirateten 1954.
Von 1950-1954 studierte Tuggener Pädagogik, Heilpädagogik, Soziologie und Volkskunde an der Universität Zürich. Währenddessen arbeitete er am Oberseminar des Kantons Zürich.
1959 promovierte er bei Prof. Dr. Leo Weber zum Thema „Der Lehrer. Studien über Stand, Beruf und Bildung des Volksschullehrers“. 1965 wechselte er an die Schule für Soziale Arbeit Zürich (SSAZ), der heutigen ZHAW, und lehrte in der Abteilung für Heimerziehung und Heimerzieherausbildung mit Interessenschwerpunkt Professionalisierung.
Nach einer Begegnung mit seinem ehemaligen Doktorvater, der ihn zum Habilitieren ermutigte, entschied sich Tuggener dazu, eine Professur anzustreben und reichte 1971 seine Habilitationsschrift zu Social Work in Amerika ein. Diese schickte er an Klaus Mollenhauer, was dazu führte, dass seine Habilitationsschrift im Beltz-Verlag veröffentlicht werden konnte.
Am 21. Februar 1972 hielt Tuggener seine Antrittsvorlesung an der Universität Zürich zu „,Sozial-Pädagogik` – Vergangenheit und Zukunft“ (Jahresbericht der Universität Zürich 1971/72, S. 46).
Am 01.10.1972 wurde Tuggener zum Extraordinarius ernannt und begann mit dem Aufbau eines eigenen Lehrbereichs: Pädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Sozialpädagogik. Er leitete verschiedene Forschungsprojekte, die sich mit der Heimerziehung und der Professionalisierung des Personals in diesem Kontext befassten. In seinen Vorlesungen und Seminaren lehrte Tuggener hauptsächlich zur Geschichte der Sozialpädagogik sowie zur Systematik der Sozialpädagogik und führte die Praxisforschung ein.
Neben der Lehre an der Universität zählten Malen/Zeichnen und Klavier spielen zu Tuggeners Leidenschaften.
Am 15.10.1989 wurde der Rücktritt Tuggeners bekannt gegeben. Der Lehrstuhl blieb nach ihm zunächst unbesetzt und wurde erst 1991 von Reinhard Fatke besetzt.
Heinrich Tuggener verstarb am 25. Januar 2019.
Von Heinrich Tuggener betreute Dissertationen an der Universität Zürich
1975 |
Schellhammer, Eduard |
Leistungsbeurteilung und Selektion in der Volksschule/ Eine empirische Untersuchung an 6585 Schülern des Kt. Schwyz |
1978 |
Biscioni, Renato |
Die Sozialarbeiterausbildung in Amerika 1880-1977 und das Problem ihres Transfers |
1978 |
Chmelik, Peter |
Armenerziehungs- und Rettungsanstalten. Erziehungsheime für reformierte Kinder im 19. Jahrhundert in der deutschsprachigen Schweiz. |
1978 |
Winiker, Josef |
Die Organisation Jugendheim im Urteil der pädagogischen Mitarbeiter |
1979 |
Amsler, Walter |
Das Erziehungsheim als Entwurf. Zur Methodologie der Entwicklung und Ueberprüfung von Heimkonzepten. |
1982 |
Germann, Hans-Rudolf |
Professionalisierung und Fortbildung bei Sozialarbeitern der offenen Altersarbeit/-hilfe in der Schweiz. Eine explorative Studie |
1985 |
Jakob, Samuel |
Zwischen Gespräch und Diskurs. Untersuchung der philosophischen Entwürfe von Hans-Georg Gadamer und Jürgen Habermas im Hinblick auf eine sozialhermeneutische Begründung der Agogik |
1985 |
Kilchsperger, Heiner |
Pädagogische Verantwortung |
1986 |
Cassée, Paul |
Jugend als Prüfstein |
1986 |
Fehlmann, Ruedi |
Demokratie in der Schule. Eine Analyse der Lehrer-Schüler-Interaktion und Bericht über ein Aktionsforschungsprojekt mit einer Lehrergruppe |
1986 |
Ghaemmaghami, Assadollah |
Ganzheitliches Drogentherapiemodell und Präventiv-Erziehung |
1987 |
Grossenbacher, Silvia |
Familienpolitik und Frauenfrage in der Schweiz |
1991 |
Bonderer, Armin |
Der Volksschullehrer im Spiegel deutschsprachiger Prosa |
1995 |
Hauss, Gisela |
Retten, erziehen, ausbilden - zu den Anfängen der Sozialpädagogik als Beruf. Eine Gegenüberstellung der Entwicklungsgeschichte der Armenschullehrer-Anstalt Beuggen und des Brüderinstitutes am Rauhen Haus in Hamburg |
1995 |
Riedi, Anna Maria |
Sozial gesicherte Gleichberechtigung. Eine Untersuchung zur Dialektik von Emanzipation und sozialer Sicherheit |
1999 |
Hochuli Freund, Ursula |
Heimerziehung von Mädchen im Blickfeld. Untersuchung zur geschlechtshomogenen und geschlechtergemischten Heimerziehung im 19. und 20. Jahrhundert in der deutschsprachigen Schweiz |
Publikationen von Heinrich Tuggener (Auswahl)
Tuggener, H. (1962). Der Lehrer. Studien über Stand, Beruf und Bildung des Volksschullehrers. Zürich: EVZ-Verlag (Teildruck der Dissertation: Untersuchungen über den Volksschullehrer und seine Bildung).
Tuggener, H. (1963). Der Lehrermangel. Zürich: Morgarten.
Tuggener, H. (1971). Social Work. Versuch einer Darstellung und Deutung im Hinblick auf das Verhältnis von Sozialarbeit und Sozialpädagogik. Weinheim: Belt,.
Quellen und Literatur
UZH Archiv (UAZ)
AL.7.071, Pädagogik: Didaktik (1964-1972), Antrag der Philosophischen Fakultät I auf Schaffung eines Extraordinariats, 15.2.1972.
Jahresbericht der Universität Zürich 1971/72, S. 46.
Jahresbericht der Universität Zürich 1972/73, S. 30.
Jahresbericht der Universität Zürich 1989/90, S. 27.
Duerschlag, H. & Simonett, St. (2014, 19. September). Ein Leben für ein neues Fach“ Heinrich Tuggener über die Gründung der Sozialpädagogik. URL: https://www.youtube.com/watch?v=4L3ZPvbw1nA [Stand: 19.02.2018].
Furrer, M. E. (2015). Tuggener, Heinrich. In: Historisches Lexikon der Schweiz. URL: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/034200/2020-03-27/ [Stand: 19.02.2018].
Staatsarchiv des Kantons Zürich (StAZH). Protokoll des Regierungsrates des Kantons Zürich, 20. September 1972.
Interviews
Interview mit Heinrich Tuggener (2016) (Anna-Lea Imbach)
Interview mit Heinrich Tuggener am 3.07.2012 (Eveline Zwahlen)
Autorenschaft
Carina Pohl
Zeitmarke
1972