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Geschichte der Pädagogik an der Universität Zürich

Die Asche von Richard Avenarius

In einem gräulich-grünen Metallkästchen wird die Asche des am 18. August 1896 verstorbenen Prof. Dr. Richard Avenarius heute im Archiv der Universität Zürich aufbewahrt. Wie und warum sie ihren Weg in das Universitätsarchiv fand, wird im folgenden Artikel beschrieben.

Knapp 24 Jahre nach dem Tod von Richard Avenarius, am 20. Mai 1925, erhielt die Universität Zürich ein Schreiben der Stadt Zürich, dass die Asche des am 18. August 1896 in Zürich verstorbenen Professors in der Nische Nr. 137 des Krematoriums aufbewahrt werde und dort nicht mehr bleiben könne (Brief des Bestattungs- und Friedhofswesens der Stadt Zürich vom 05.06.1925). Sie sollte in ein Massengrab überführt werden, da die Ehefrau des Professors in der Zwischenzeit ebenfalls verstorben war und keine nahen Verwandten bekannt seien (Jurist Pfister, 1925). Gemäss eines Auszuges des Protokolls des Erziehungsrates aus dem Jahr 1901 hatte seine Ehefrau bereits unmittelbar nach seinem Tod den Wunsch geäussert, die Asche ihres verstorbenen Ehemannes in einem Metallkästchen in seiner Büste im Fakultätszimmer der Universität aufzubewahren. Diesem Wunsch wurde aber erst 24 Jahre später entsprochen, als die Urne 1925 von der Universität Zürich übernommen wurde. Im Jahresbericht der UZH 1924-1926 fand dies auf Seite 21 eine kurze Erwähnung.

Einem Schriftwechsel zwischen der Universität Zürich und dem Krematorium Sihlfeld lässt sich entnehmen, dass sich die Übergabe an die Universität Zürich vorerst nicht ganz einfach gestaltete, da eine grosse Ratlosigkeit bezüglich des korrekten Vorgehens herrschte und niemand wirklich wusste, wie mit der Asche zu verfahren sei. So wandte sich der zuständige Rechtsanwalt, Dr. F. Fick aus Küsnacht am 06. April 1925 an die Witwen- und Waisenkasse der Universität Zürich, da er in der Zürichsee-Zeitung, Ausgabe Nr. 74 vom 31. März 1924, folgende Notiz fand:

„Im alten Krematorium Sihlfeld mussten, wegen baulicher Umänderungen, sämtliche Nischen geräumt werden. Es handelt sich um die Asche der Kremationen zwischen 1889 und 1901. Unter den Namen findet sich unter Anderen Prof. Dr. R. Avenarius. Die Asche der Urnen, über welche die Angehörigen nicht bis zum 20. Juni verfügen, wird in einem gemeinsamen Grab beigesetzt werden.“

Einen knappen Monat nach diesem Schreiben wandte sich Emil Howald, der damalige Dekan der Philosophischen Fakultät am 28. April 1925 an das Rektorat der Universität Zürich. Er empfand es als „eine Ehrenpflicht der Universität, dafür besorgt zu sein, dass die Überreste dieses bedeutenden Lehrers nicht in ein Massengrab kommt, sondern irgendwo in würdiger Weise beigesetzt wird“ (Brief des Dekans Emil Howald an das Rektorat der Universität Zürich vom 28.04.1925).

Einen weiteren Monat später, am 20. Mai 1925, informierte der Rektor Dr. Fick darüber, dass die Universität die Asche übernehmen und vorerst im Sockel von Avenarius’ Marmorbüste, welche sich vor dem Senatsaal der Universität befindet, aufbewahren würde, bis ein Pantheon (Gedächtnissstätte) hergestellt werden könne. Gleichentags ging ein Schreiben des Rektorates an das Bestattungsamt der Stadt Zürich mit der Bitte, die Urne an die Universität zu überführen. So wurde die Urne am 05. Juni 1925 gemäss einem Schreiben des Bestattungsamtes schliesslich in das Magazin des Bestattungsamtes an der Müllerstrasse gebracht und sollte von dort mittels eines Spitaltransportes dem Rektorat der Universität Zürich überbracht werden.

Am 13. Juli 1925 bestätigte der Rektor den Erhalt der Urne und informierte am 23.10.1925 die Erziehungsdirektion des Kantons Zürich, dass die Asche des „hochverehrten Gelehrten“ nun in dessen Büste eine „dauernde und würdige Stätte gefunden hat“. Das Marmorbildnis des bärtigen Denkers bewacht auch heute noch den Eingang zur Aula im Kollegiengebäude der Universität Zürich.

Wann genau die Asche aus dem Sockel der Büste ins Universitätsarchiv überführt wurde, ist nicht bekannt. Roger Nickel erwähnt die Geschichte jedoch in einem kurzen Artikel im Unimagazin Rückspiegel (Ausgabe 4/2006). Indes lassen sich auch dort keine Hinweise zum genauen Datum der Umplatzierung der Asche finden. So kann nur vermutet werden, dass die Asche irgendwann zwischen 1965 und 2006 eine neue Ruhestätte im Archiv der Universität Zürich gefunden hat.

Auch heute ist noch unklar, was mit der Asche geschehen soll – zurzeit laufen Abklärungen mit der Ethikkommission der Universität Zürich. Es ist anzunehmen, dass Avenarius seine Ruhestätte im Universitätsarchiv behalten wird, bis ein würdiger Platz für den Gelehrten gefunden wird.

Literatur und Quellen

  • UZH Archiv (UAZ), AB.1.0027, Dozierendendossier Richard Avenarius, Korrespondenz betreffend Überführung seiner Urne
  • Fuchs, M., Interview mit der Universitätsarchivarin Silvia Bolliger vom 02.11.2012, http://www.news.uzh.ch/de/articles/2012/auf-spurensuche-im-universitaetsarchiv-zuerich.html, Zugriff am 20.04.2018.
  • Matthäus F. Avenarius, Brief, 20.08.1965.
  • Nickel. R., Unimagazin Rückspiegel, Nr. 4/2006.
  • Auszug Protokoll des Erziehungsrates, Oktober 1901.
  • Jahresbericht 1924/26 der Universität Zürich, Seite 21.
  • Schriftwechsel zur Überführung der Urne vom Krematorium Sihlfeld an die UZH, 06. April 1925 bis 23. Oktober 1925.

Autorenschaft:

Rachida Meier-Asmeg

Zeitmarke

2018

Weiterführende Informationen

Büste von Richard Avenarius im Kollegiengebäude der Universität Zürich

Büste von Richard Avenarius im Kollegiengebäude der Universität Zürich (Bild: Olga Pollack)