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Die Studienplanentwicklung am Pädagogischen Institut war gekennzeichnet durch die universitären Rahmenbedingungen, die wachsenden Studierendenzahlen und der Geschichte der akademischen Disziplin im Allgemeinen. Der folgende Beitrag befasst sich mit der Studiengangsentwicklung und den Studienplanrevisionen am Pädagogischen Institut, die chronologisch nachgezeichnet werden.
Das Studium im Lizentiatsmodell war in ein Grundstudium und ein Hauptstudium gegliedert, wobei im Grundstudium zwei Proseminare besucht werden mussten inkl. dem Verfassen einer Proseminararbeit, bis sich Hauptfachstudent/innen für ein Akzessexamen anmelden konnten. Um die Prüfung ablegen zu können, mussten ferner zwei Examenskolloquien besucht werden, in denen die Studierenden ihr Wissen anhand einer bereits vorgegebenen Literaturliste unter Beweis stellen konnten. Auf das Sommersemester 1971 hin wurden einige Änderungen im Grundstudium vorgenommen, weil die vorhandene Studiumstruktur aus zwei verschiedenen Gründen nicht befriedigend war: Zum einen war die Literaturliste für die Akzessprüfung inhaltlich kaum repräsentativ, und zum anderen war sie als Einführungslektüre nicht geeignet. Darüber hinaus fand die wissenschaftliche Methodik zu wenig Beachtung. Das Grundstudium in seiner neuen Form bestand aus folgenden Elementen: Über alle vier Semester hinweg waren Vorlesungen zu besuchen, ebenso Einführungskurse in die Methoden des erziehungswissenschaftlichen Denkens. Zudem waren im dritten und im vierten Semester Einführungsveranstaltungen in die Philosophie vorgesehen, das sogenannte „Philosophikum“. Die philosophische Ausbildung zählte bis zu Beginn der 2000er-Jahre zum festen Bestandteil eines Pädagogikstudiums an der Universität Zürich. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, als die Frage nach einem Obligatorium und damit zusammenhängend auch Prüfungen für die Grundstudienkurse geklärt werden sollte, entschied sich das Institut im Jahr 1972, dass kein Prüfungsobligatorium eingeführt werden sollte, weil die notwendigen Ressourcen, d.h. Personen, welche die Prüfungen korrigieren müssten, nicht vorhanden waren. Die nun festgehaltenen Modalitäten für das Pädagogikstudium bewährten sich allerdings nur für eine kurze Zeit, da die enorm angestiegenen Studierendenzahlen (vgl. Entwicklung der Studierendenzahlen) dazu führten, dass die Tutoren überfordert waren, und der Vorlesungsmodus des Kurses „Einführung in die Pädagogik“ geändert werden musste (Das Grundstudium am Pädagogischen Institut, 10.06.1976).
In den nächsten Jahren wurde am Curriculum der pädagogischen Ausbildung gefeilt. Für das Wintersemester 1981/82 wurde das Kernstudienkonzept innerhalb des Grundstudiums überarbeitet. Die Studierendenzahlen hatten sich seit Mitte der 1970er-Jahre kaum verändert: Gegen Ende des Jahres 1981 zählte das Institut rund 800 Studierende, wobei Hauptfach- und Nebenfachstudierende etwa je die Hälfte davon ausmachten. In Bezug auf die Geschlechterverteilung kam es zu einer Verschiebung, und damit waren mehr Frauen als Männer im Pädagogikstudium anzutreffen (Jahresbericht 1981/82).
Das Kernstudium sah zwei Einführungsvorlesungen in die Pädagogik sowie zwei Einführungskurse in die Forschungsmethoden der Erziehungswissenschaft vor. Weitere Veranstaltungen im Rahmen des Grundstudiums beinhalteten die fachspezifische Einführung in das Pädagogikstudium, wobei Studierende Vorlesungen und Proseminare besuchen mussten, die in zwei von drei Fachbereichen anzusiedeln waren, die zu Beginn des Studiums gewählt werden konnten. Die drei Schwerpunkte orientierten sich an den Forschungsschwerpunkten der damaligen Lehrstuhlinhaber: 1984 waren dies Prof. Dr. Fritz-Peter Hager für historisch–systematische Pädagogik, Prof. Dr. Konrad Widmer für pädagogische Psychologie und Prof. Dr. Heinrich Tuggener für Pädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Sozialpädagogik (Studienführer Pädagogik, Oktober 1986).
Nach Abschluss des Grundstudiums folgte ein vier- bis sechssemestriges Hauptstudium, welches den Studierenden die Möglichkeit bieten sollte, sich zum einen eigenständig im Rahmen eines Studienschwerpunktes zu vertiefen. Zum anderen sollten weitere Bezüge hergestellt und die Interdisziplinarität pädagogischer Themen innerhalb des Kontaktstudiums gefördert werden, indem es galt, Veranstaltungen von anderen, benachbarten Disziplinen zu besuchen, die ebenfalls einen Bezug zur Pädagogik hatten. Ferner gab es Auflagen zu erfüllen, welche auch heute durchaus kritisch diskutiert werden: So war das Vorweisen eines „Latinums“ resp. eines Maturitätszeugnisses Typ A oder B eine Voraussetzung dafür, dass ein Pädagogikstudium aufgenommen werden konnte. Bereits hier wurden erste Reglemente erstellt, die das Latinumobligatorium aufweichten: So gab es für Studierende, welche die Anforderungen in Latein noch nicht erfüllten, die Möglichkeit, die Lateinkenntnisse im Rahmen eines dreisemestrigen Vorbereitungskurses mit anschliessender Prüfung zu erwerben (so genanntes „kleines Latinum“) und damit den Zugang zu allen Studiengängen an der Philosophischen Fakultät zu erhalten. Als Alternative dazu konnte ein zweisemestriges „Linguistikum“ ebenfalls mit Abschlussprüfung absolviert werden, welches zwar die Aufnahme zum Pädagogikstudium im Hauptfach, aber nur zu einer beschränkten weiteren Fächerauswahl an der Philosophischen Fakultät zuliess. Obwohl bei den Lateinauflagen erste Abstriche gemacht wurden, blieb die Philosophie als Fach 1984 noch immer curricular verankert in der pädagogischen Ausbildung. Konkret galt für Hauptfachstudierende eine „Philosophiepflicht“, der sie durch die Wahl des ersten resp. zweiten Nebenfaches oder durch das Ablegen einer halbstündigen mündlichen Prüfung („Philosophikum“) nachkommen mussten. Die Philosophikum-Prüfungen wurden jeweils durch den Lehrstuhl für historisch-systematische Pädagogik abgenommen (Studienführer Pädagogik, Oktober 1986).
In den Jahren zwischen 1987 und 1993 wurden keine grösseren Änderungen am Curriculum vorgenommen. Einzig die Studienzeitbeschränkung wurde durch den Bundesgerichtsentscheid vom 27. Februar 1987 für alle Studienrichtungen aufgehoben, was jedoch kaum einen Einfluss auf die damalige Studienpraxis hatte (Studienführer Pädagogik, Oktober 1986; Studierendenrat der Universität Zürich, 2008). Trotz einiger Lehrstuhlwechsel zwischen 1986 und 1993 blieb das Modell der drei Studienschwerpunkte erhalten (Studienführer Pädagogik, 1986–1993). Erst mit der Studienplanrevision im Herbstsemester 1994/95 sollte der neugegründete Lehrstuhl von Prof. Dr. Kurt Reusser als eigenständiger und vierter Studienschwerpunkt aufgenommen werden. Gleichzeitig wurde die Gelegenheit genutzt, um weitere Anpassungen vorzunehmen: Die Wahl von zwei Studienschwerpunkten blieb erhalten, wobei nun neu vier Studienschwerpunkte zur Auswahl standen. Zudem wurde die Pflichtstundenzahl leicht angehoben und das Philosophikum nicht mehr als Bestandteil der Lizentiatsprüfung gefasst, sondern des Haupt- resp. Grundstudiums (Studienführer Pädagogik, September 1994). Ferner wurde das Linguistikum im Oktober 1996 aus dem Curriculum gestrichen, und für das Pädagogikstudium war nun kein Latinumnachweis erforderlich.
Per Wintersemester 2001/02 wurde eine Zwischenprüfung eingeführt, die Hauptfachstudierende am Ende des Grundstudiums, d.h. nach vier Semestern, abzulegen hatten. Die Prüfung bestand aus einem zweistündigen schriftlichen und einem 30-minütigen mündlichen Teil. Damit wurden das Grundstudium und das Hauptstudium stärker voneinander getrennt, da alle Leistungen im Grundstudium nach vier Semestern erbracht werden mussten, um die Zwischenprüfung ablegen zu können. Für das Wintersemester 2003/2004 wurden erneut Änderungen vorgenommen. Eine Revision wurde durch die Prüfungsordnung über das Lizentiat der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich (26. Februar 2001) bereits früher durchgesetzt: Konnte bis dahin im Nebenfachangebot das Studium in Pädagogik nur als erstes Nebenfach gewählt werden, durfte das Fach nun auch im zweiten Nebenfach studiert werden. Mit den Änderungen für das Wintersemester 2003/04 wurde ausserdem die lang gehegte Tradition des Philosophikums abgeschafft. Das Grundstudium war nun viel allgemeiner angelegt, sodass den Studierenden ein Einblick in die Themen aller Lehrstühle gewährt und die inhaltliche Vertiefung erst im Hauptfach vorgenommen wurde. Ebenfalls wurden die Methodenkurse von zwei auf vier erhöht. Zusätzlich dazu galt es, einen Kurs in Recherchemethoden zu belegen. Der Kurs „Einführung in das Studium der Pädagogik“ wurde auf das erste Semester verlegt. Die Studierenden mussten sowohl acht Grundvorlesungen als auch acht Proseminarien besuchen, wobei bei den Grundvorlesungen je zwei pro Schwerpunkt belegt werden mussten. Die Proseminarien boten einen etwas grösseren Spielraum bei der Wahl, da die zu besuchenden Proseminarien bei mindestens zwei Lehrstühlen besucht werden mussten. Dadurch, dass die Pflichtstudienzahl bei diesen Revisionen gleichgeblieben war, rückte die methodische Ausbildung stärker in den Fokus, welche durch die Einführung von zwei frei wählbaren und vertiefenden Methodenkursen im Hauptstudium weiter verstärkt wurde. Bevor das Grundstudium abgeschlossen werden konnte, musste eine Proseminararbeit im Rahmen einer Proseminarveranstaltung verfasst werden.
Die Tendenz zu kleineren, aber dafür insgesamt mehr zu besuchenden Veranstaltungen zeichnete sich auch im Bereich des Hauptstudiums ab. Unterschieden wurden im Hauptstudium neu zwischen einer Vertiefungsrichtung und einer Ergänzungsrichtung. In der Vertiefungsrichtung sollen innerhalb von neun bis zehn Semestern zwei Grundvorlesungen, drei Seminare (davon ist eines mit einer Seminararbeit abzuschliessen), Veranstaltungen und Projekte im Umfang von zehn Semesterwochenstunden besucht werden. Ebenso wurde die Lizenziatsarbeit in der Vertiefungsrichtung verfasst. Zu den Veranstaltungen im Ergänzungsbereich zählen zwei Seminare (davon ist eines mit einer Seminararbeit abzuschliessen) und Veranstaltungen und Projekte im Umfang von zwei Semesterwochenstunden (Studienführer Pädagogik, September 2003).
Die weitere curriculare Entwicklung sowie die Modularisierung des Curriculums waren durch die Bolognareformen ab den 2000-Jahren geprägt. Insgesamt lässt sich feststellen, dass die curricularen Entwicklungen vor allem in den Anfängen des Instituts von den wachsenden Studierendenzahlen getrieben wurden. Ferner ist eine grössere Auswahl an Veranstaltungen wohl auch mit dem Auf- und Ausbau des Mittelbaus zu erklären. Zudem gilt es, die Entwicklungen und Veränderungen im Curriculum auch immer vor dem Hintergrund der Disziplingeschichte zu betrachten: Im Laufe des 20. Jahrhunderts verfestigte sich eine stärkere empirische Ausrichtung und die zunehmende Eigenständigkeit des Faches, die im Curriculum zum einen durch die Abschaffung des Latinums resp. des Linguistikums sowie des Philosophikums und zum anderen durch den Ausbau der Methodenkurse sichtbar wird (Hofstetter & Scheuwly 2011, Tenorth 2000).
Hofstetter, Rita; Schneuwly, Bernard (2011). Erziehungswissenschaftliche Disziplinenbildung in der Schweiz: Sich kontrastierende Konfigurationen in unterschiedlichen kulturellen Kontexten. In: Hofstetter, Rita; Schneuwly, Bernard: Zur Geschichte der Erziehungswissenschaften in der Schweiz. Vom Ende des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts (S. 209–233). Bern: hep Verlag.
Institut für Erziehungswissenschaft: Archiv. Studienführer Pädagogik: Informationen zum Pädagogikstudium (1984–2003).
Institut für Erziehungswissenschaft: Archiv. Jahresberichte des Pädagogischen Instituts.
Staatsarchiv Zürich: Z 70.791. Pädagogisches Institut: Allgemeine Akten (1954–1976).
Staatsarchiv Zürich: Z 70.792. Pädagogisches Institut: Allgemeine Akten (1975–1984).
Studierendenrat der Universität Zürich (2008): Wir sind, was wir erinnern: Zur Geschichte der Studierenden der Uni Zürich von 1968 bis 2008. Zürich: Theodor-Schmid-Verlag.
Tenorth, Heinz–Elmar (2000). Erziehungswissenschaftliche Forschung im 20. Jahrhundert und ihre Methoden. In: Benner, Dietrich; Tenorth, Heinz–Elmar: Bildungsprozesse und Erziehungsverhältnisse im 20. Jahrhundert (S. 261–293). Weinheim: Beltz. (Zeitschrift für Pädagogik, Beiheift 42).
Jane Ovelil
1969