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Der Zürcher Pädagoge Willibald Klinke lehrte von 1916 bis 1923 als Privatdozent zur Geschichte der Pädagogik an der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich. Seine Funktion als Dozent für Pädagogik, Psychologie und Didaktik am Lehrerinnenseminar Zürich, die er während 27 Jahren ausübte (1912–1939) sowie seine reichhaltige publizistische und redaktionelle Tätigkeit bilden jedoch hauptsächlich den Kern seines Schaffens.
Willibald Klinke, geboren am 18. September 1879 in Zürich, stammte aus einfachen Verhältnissen. Er wuchs in der Zürcher Altstadt auf, bevor die Familie in späteren Jahren auf die Waldegg umzog. Nach dem Besuch der Sekundarschule von Birmensdorf absolvierte Klinke von 1895 bis 1899 das Lehrerseminar in Küsnacht. Bereits in jenen Ausbildungsjahren zeigte sich sein Interesse für Geschichte – so hatte Klinke besonders vor seinem Lehrer Karl Dändliker grosse Achtung. Seine ersten Berufserfahrungen sammelte Klinke als Primarlehrer in Kirchuster, ehe er 1903 in Winterthur eine Anstellung fand. Parallel dazu nahm Klinke in jener Zeit sein Studium in Philosophie, Psychologie und Pädagogik an der Universität Zürich auf, das er bereits 1907 mit dem Doktortitel abschloss. Seine Dissertation über „Das Volksschulwesen des Kantons Zürich zur Zeit der Helvetik 1798–1803“ wurde von den Professoren Karl Dändliker und Gustav Störring mit dem höchsten Prädikat ausgezeichnet.
1908 bis 1911 unterrichtete Klinke als Sekundarlehrer in Zürich-Aussersihl. Dies blieb seine letzte Anstellung als Volksschullehrer. Die beiden Jahre 1911 und 1912 verbrachte er als Sekretär auf der Erziehungsdirektion des Kantons Zürich. Der wertvolle Einblick in das gesamte Volksschulwesen Zürichs konnte ihm den fehlenden Umgang mit der Jugend aber nicht ersetzen. Schnell fand Klinke jedoch wieder den Weg zurück in das Unterrichtswesen. Er übernahm 1912 eine Dozentenstelle für Pädagogik, Psychologie und Didaktik am Lehrerinnenseminar in Zürich. Dieser Lehrstelle blieb Klinke bis zur gesundheitsbedingten Beendigung seiner Unterrichtstätigkeit 1939 treu. Selbst die Wahl zum Direktor des Lehrerseminars von Küsnacht, an dem er seine eigene Ausbildung durchlaufen hatte, schlug er 1926 aus (Bohnenblust, 1965).
Während der Jahre, die er als Dozent am Lehrerinnenseminar verbrachte, verfasste Klinke einige bedeutende Publikationen, wie z.B. das Pädagogische Lesebuch (veröffentlicht 1915 im Schulthess Verlag) oder Neuauflagen seiner Zürcher Fibel (1915 und 1929, Zürcher Erziehungsdirektion). 1915 reichte Klinke an der Universität Zürich seine Habilitationsschrift Die Reform der gelehrten Schule in Zürich 1765–1775 ein, die der Professor und Historiker Wilhelm Oechsli mit Wohlwollen entgegennahm. Sechs Jahre lang lehrte Klinke in der Folge als Privatdozent zur Geschichte der Pädagogik an der Universität Zürich – stets neben seiner Unterrichtstätigkeit am Lehrerinnenseminar Zürich und seinen weiteren publizistischen Arbeiten. 1922 beendete Klinke seine akademische Karriere. Eine angeschlagene Gesundheit und die auf Jahre hinaus besetzten Lehrstühle in Psychologie und Pädagogik bewogen ihn zu diesem Schritt. Die frei gewordene Kapazität zeigte sich ein Jahr später in der Gründung der Schweizerischen Elternzeitschrift, deren Redaktion Klinke von 1923–1940 führte (die an Jugendliche adressierte Zeitschrift „Spatz“ wird ebenfalls seiner Initiative zugeschrieben). Mit der neu ins Leben gerufenen Zeitschrift setzte Klinke seine Redaktionstätigkeit fort, die er bereits von 1921–1924 bei der Schweizerischen Pädagogischen Zeitschrift ausübte. Ebenfalls in die Zeit kurz nach der Beendigung seiner akademischen Laufbahn fiel die Veröffentlichung einer Bibliographie Pestalozzis (1923, Weidmann’sche Buchhandlung, Berlin). Sie markiert das umfangreichste Werk Klinkes über den bedeutenden Schweizer Pädagogen und Schulreformer, welcher in verschiedenen Schriften Klinkes ab 1919 im Fokus stand.
1939 fand die erfolgreiche Lehrtätigkeit Klinkes ein verfrühtes Ende. Ein Stimmleiden sowie einsetzende Schwerhörigkeit zwangen Klinke 1939 zur Aufgabe seiner Dozentenstelle am Lehrerinnenseminar (Bohnenblust, 1965).
Die Jahre nach seinem Rücktritt standen ganz im Zeichen der schriftstellerischen Tätigkeit. Er verfasste viele biographische Werke (u.a. Johann Heinrich Pestalozzi, Karl Viktor von Bonstetten, Ignaz Thomas Scherr und Johann Jakob Treichler), stellte Sammlungen mit Novellen oder Gedichten anderer Künstler zusammen, brachte vergriffene Bücher in neuer Bearbeitung heraus (Johann Friedrich Löffler: Der alte Sergeant) oder erzählte von seinen eigenen Kindheitserinnerungen (Schön ist die Jugend, herausgegeben im Manesse Verlag, Bibliothek der Weltliteratur) (Bohnenblust, 1965).
SS 1916 |
Vorlesung (1h) |
Pestalozzi und seine Zeit |
WS 1916/17 |
Vorlesung (1h) |
Die Pädagogik unter dem Einfluss der Philosophie im 19. Jahrhundert |
SS 1918 |
Vorlesung (1h) |
Erziehung und Unterricht im Zeitalter der Aufklärung |
WS 1919/20 |
Vorlesung (2h) |
Grundzüge der historischen Pädagogik |
SS 1920 |
Übung (2h) |
Pädagogische Übungen: Pestalozzi |
WS 1920/21 |
Vorlesung (2h) |
Grundzüge der historischen Pädagogik |
SS 1921 |
Übung (2h) |
Historisch-Pädagogische Übungen |
WS 1921/22 |
Vorlesung (2h) |
Grundzüge der historischen Pädagogik in geistesgeschichtlicher Beleuchtung |
SS 1922 |
Übung (2h) |
Pädagogische Übungen |
WS 1922/23 |
Vorlesung (2h) |
Grundzüge der historischen Pädagogik in geistesgeschichtlicher Beleuchtung |
Quelle: Vorlesungsverzeichnisse der Universität Zürich 1916–1923
Klinke, W. (1907). Das Volksschulwesen des Kantons Zürich zur Zeit der Helvetik. Zürich: Lehmann (Dissertation).
Klinke, W. (1907). Die Zürcher Fibel. Zürich: Erziehungsdirektion [Neuauflagen 1915 und 1929].
Klinke, W. (1908). Die Analyse des Deutens. Schweizerische Lehrerzeitung, 53 (1908), 79–80/88–89.
Klinke, W. (1908). Kunstverständnis. Schweizerische Lehrerzeitung, 53 (1908), 364–366.
Klinke, W. (1909). Gehirn und Seele. Schweizerische Pädagogische Zeitschrift, 19, 265–281.
Klinke, W. (1910). Irrwege der Erziehung. Schweizerische Blätter für Schulgesundheit und Kinderschutz, 8 (1910), 2–5.
Klinke, W. (1910). Psychologie des Gewissens. Schweizerische Lehrerzeitung, 55 (1910), 45–47.
Klinke, W. (1911). Antiqua oder deutsche Schrift? Schweizerische Blätter für Schulgesundheit und Kinderschutz, 9 (1911), 113–118.
Klinke, W. (1912). Die sittlich Gefährdeten. Schweizer Blätter für Schulgesundheitspflege und Kinderschutz, 2 & 3 (1912).
Klinke, W. (1912). Die sittlich Gefährdeten. Schweizerische Blätter für Schulgesundheit und Kinderschutz, 10 (1912), 17–20/33–36.
Klinke, W. (1912). Das Institut J.J. Rousseau in Genf. Schweizerische Blätter für Schulgesundheit und Kinderschutz, 10 (1912), 102–104.
Klinke, W. (1912). Rousseau und die Pädagogik. Bericht über die Verhandlungen der Zürcherischen Schulsynode, 1912, 88–102.
Klinke, W. (1912). Die Volksschule und das Arbeitsprinzip. An Stelle einer Buchbesprechung [Oertli: Die Volksschule und das Arbeitsprinzip]. SBSK, 10 (1912), 147–149.
Klinke, W. (1913). Neuere Strömungen und Anregungen zur Lehrerbildung. Referat gehalten an der Delegiertenversammlung des Schweizerischen Lehrervereins in Solothurn, am 30. Juni 1912. Schweizerische Pädagogische Zeitschrift, 23 (1913), 1–14. [auch als Sonderdruck: Zürich: Orell Füssli].
Klinke, W. (1914). Frauenschulen für soziale Berufsarbeit. Schweizerische Blätter für Schulgesundheit und Kinderschutz, 12 (1914), 2–6.
Klinke, W. (1915). Pädagogisches Lesebuch. Zum Gebrauch beim pädagogischen Unterricht in Lehrer- und Lehrerinnen-Bildungsanstalten, Frauenschulen und Kindergärtnerinnen-Seminarien. Zürich: Schulthess.
Klinke, W. (1915). Bericht über eine pädagogische Studienreise nach Deutschland. Schweizerische Pädagogische Zeitschrift, 25 (1915), 92–109.
Klinke, W. (1915). Schule und Antiqua. Referat anlässlich der Jahresversammlung [der Schweizerischen Gesellschaft für Schulgesundheit] 1915 in Bad Schinznach. Jahrbuch der Schweizerischen Gesellschaft für Schulgesundheit, 16 (1915).
Klinke, W. (1915). Bei Gandig. Schweizerische Lehrerzeitung, 60 (1915), 102–104.
Klinke, W. (1916). Die Reform der gelehrten Schulen in Zürich 1765–1775. Habitlitationsschrift zur Erlangung der venia legendi der Philosophischen Fakultät (I. Sekt.) der Universität Zürich, vorgelegt von Dr. phil. Willibald Klinke aus Zürich. Zürich: Orell Füssli.
Klinke, W. (1917). Nationalerziehung zur Zeit der Helvetik. Schweizerische Lehrerzeitung, Nr. 1–3 (1917).
Klinke, W. (1918). Atlas zur Heimatkunde von Zürich. Zürich: Schul- und Bureaumaterialverwaltung.
Klinke, W. (1919). Zurück zu Pestalozzi. Jugendbildung und Volkswirtschaft (H. 1). Zürich: Fretz.
Klinke, W. (1920). Pestalozzi, unser Führer. Zum 12. Januar. Schweizerische Lehrerzeitung Nr. 2-3 (1920).
Klinke, W. (1920). Wilhelm von Türk und Pestalozzi. Pädagogisches Magazin, H. 794. Langensalza: H. Beyer.
Klinke, W. (1920). Thomas Scherr: zum 50. Todestag. Neue Zürcher Zeitung, Nr. 401 (1920), 10. März.
Klinke, W. (1922). Johann Georg Sulzers pädagogische Schriften. Mit Einleitung und Anmerkungen von Willibald Klinke. Langensalza: Hermann Beyer & Söhne.
Klinke, W. (1922). Die religiösen Grundgedanken bei Heinrich Pestalozzi. Vortrag, gehalten an der Pestalozzifeier in der St. Peterskirche in Zürich am 15. Januar 1922. Schweizerische Pädagogische Zeitschrift, 32 (1922), 193–198/225–230.
Klinke, W. (1923). Pestalozzi-Bibliographie. Schriften und Aufsätze von und über Pestalozzi nach Inhalt und Zeitfolge verzeichnet. Berlin: Weidmann’sche Buchhandlung.
Klinke, W. (1923). Wandlungen und Neuorientierung in der Pädagogik. Schweizerische Pädagogische Zeitschrift, 33 (1923), 1–6/33–38/65–70.
Klinke, W. (1924). Flegeljahr – Backfischjahre. Schweizerische Pädagogische Zeitschrift, 34 (1924), 1–5.
Klinke, W. (1924). Aus Pestalozzis Leben und Wirken. Schweizerische Pädagogische Zeitschrift, 34 (1924), 20–25/51–57.
Klinke, W. (1924). Mundart und Schriftsprache. Schweizerische Pädagogische Zeitschrift, 34 (1924), 33–35.
Klinke, W. (1924). Die Reform des Volksschulwesens in Italien. Schweizerische Pädagogische Zeitschrift, 34 (1924), 75–77.
Klinke, W. (1924). Zur Psychologie der Geschlechter. Schweizerische Pädagogische Zeitschrift, 34 (1924), 117–119.
Klinke, W. (1925). Heilpädagogik. Schweizerische Pädagogische Zeitschrift, 35 (1925), 193–195.
Klinke W. (1925). Arbeitsgemeinschaft und soziale Erziehung. Schweizerische Pädagogische Zeitschrift, 35 (1925), 225–227.
Klinke, W. (1925). Die psychologische Untersuchung der Schulneulinge. Schweizerische Pädagogische Zeitschrift, 35 (1925), 369–370.
Klinke, W. (1925). Dieses Deutsch! Schweizerische Pädagogische Zeitschrift, 35 (1925), 370–373.
Klinke, W. (1940). Ein Kampf für Bildung und Freiheit. J. Thomas Scherrs Erlebnisse im Zürichbiet, 1825–1842. Zürich: Albert Müller.
Klinke, W. (1942). Menschenpflicht und Bürgerpflicht in schwerer Zeit. Horgen: F. Frei.
Klinke, W. (1943). Johannes Scherr, Kulturhistoriker. Leben, Wirken, Gedankenwelt. Schaffhausen-Thayingen: Augustin Verlag.
Klinke, W. (1945). Begegnungen mit Pestalozzi. Sammlung Klosterberg, Schweizer Reihe. Basel: Schwabe.
Klinke, W. (1945). Karl Viktor von Bonstetten. Briefe und Jugenderinnerungen. Bern: Francke.
Klinke, W. (1946). Pestalozziworte. Zürich: Verein „Gute Schriften“.
Klinke, W. & Keller, I. (1947). Johann Jakob Treichler, 1822–1906. Zürich: Schulthess.
Klinke, W. (1948). Schön ist die Jugend. Erinnerungen aus zwei Jahrhunderten. Zürich: Manesse, Bibliothek der Weltliteratur.
Klinke, W. (1949). Kant für jedermann. Zürich: Hirzel.
Klinke, W. (1953). Schauspieler erzählen – Erinnerungen aus zwei Jahrhunderten. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des Theaters. Affoltern: Aehren Verlag.
Klinke, W. (Hrsg.) (1965). Friedrich Hebbel. Eine Autobiographie nach Tagebüchern und Briefen. Zürich: Manesse Verlag.
Bohnenblust, E. (1965). Willibald Klinke. Zürcher Taschenbuch auf das Jahr 1965, NF 85, 148-154.
Universität Zürich (1916–1923). Verzeichnisse der Vorlesungen an der Universität Zürich (Sommersemester 1916 bis Wintersemester 1923).
Forschungsdaten des SNF-Projektes: Configurations contrastées du processus de disciplinarisation des sciences de l'éducation en Suisse (fin du 19e - première moitié du 20e siècle): URL: http://p3.snf.ch/Project-101797.
Nina Lutz
1915