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Geschichte der Pädagogik an der Universität Zürich

Paul Moor (1899-1977)

Abstract

Paul Moor (1899-1977) ausserordentlicher Professor für Heilpädagogik an der Universität Zürich1951 – 1968; 1940 – 1961 Leiter des Heilpädagogischen Seminars Zürich.

Paul Moor wurde am 27. Juli 1899 in Basel geboren. Nach dem Gymnasium studierte Moor an der Universität Basel und erwarb 1924 ein erstes Doktorat in Mathematik, theoretischer Physik und Astronomie (UAZ PA.034, Nachlass Paul Moor). Er arbeitete danach für zwei Jahre als Gymnasiallehrer in Basel und besuchte parallel dazu philosophische, theologische und pädagogische Vorlesungen u.a. bei Paul Häberlin (UAZ PA.034, Nachlass Paul Moor). 1926 heiratete er Emma Niethammer, der gemeinsame Sohn Hans Jakob kam 1933 zur Welt.

1929/30 liess sich Moor am Heilpädagogischen Seminar Zürich zum Heilpädagogen ausbilden, das damals von Heinrich Hanselmann geführt wurde (UAZ PA.034, Nachlass Paul Moor). Im Anschluss daran absolvierte er Praktika im Beobachtungsheim Stephansburg (Zürich) und im Landerziehungsheim Albisbrunn (Hausen a.A.) (Jeltsch-Schudel & Schmid 2000). Ab 1930 leitete er zusammen mit seiner Frau das Kinderheim Schloss Ketschendorf (Brandenburg), das 1931 jedoch aus wirtschaftlichen und politischen Gründen und  wegen den politischen Bedingungen im Nationalsozialismus geschlossen werden musste (Jeltsch-Schudel & Schmid 2000). Im Anschluss daran übernahm er die Leitung in der neu eröffneten Beobachtungsstation im Landerziehungsheim Albisbrunn (Jeltsch-Schudel & Schmid 2000).

1933 wurde Moor Assistent von Hanselmann am Heilpädagogischen Seminar Zürich und studierte parallel dazu an der Universität Zürich (UAZ PA.034, Nachlass Paul Moor). 1935 promovierte er erneut, dieses Mal in Heilpädagogik und Philosophie (UAZ PA.034, Nachlass Paul Moor). 1940 übernahm er von Hanselmann die Leitung des Heilpädagogischen Seminars Zürich, die er bis 1961 innehatte (Jeltsch-Schudel & Schmid 2000). 1942 wurde Moor an der Universität Zürich für Heilpädagogik habilitiert (UAZ PA.034, Nachlass Paul Moor). Als Privatdozent war er ab 1942 an der Universität Zürich in der Lehre tätig und übernahm erste Veranstaltungen von Hanselmann (Dohrenbusch 1990). 1951 trat er dann auch die Nachfolge von Hanselmann als Professor an und wurde als Extraordinarius auf den Lehrstuhl für Heilpädagogik berufen (UAZ PA.034, Nachlass Paul Moor). Ab 1955 war er zudem für mehrere Jahre Präsident der Internationalen Gesellschaft für Heilpädagogik (UAZ PA.034, Nachlass Paul Moor). 1968 wurde Moor emeritiert (UAZ PA.034, Nachlass Paul Moor). Nach längerer Krankheit verstarb er am 16. August 1977 an seinem langjährigen Wohnort in Meilen (UAZ PA.034, Nachlass Paul Moor).

Gemeinsam mit Heinrich Hanselmann kann Paul Moor als einer der zentralen Vertreter der (damals) modernen Heilpädagogik bezeichnet werden, wobei beide als Begründer der sogenannten „Zürcher Heilpädagogik“ gelten (Haeberlin 2000). In Deutschland wurden zudem mehrere sonderpädagogische Einrichtungen nach Moor benannt (z.B. in Berlin und Nürnberg) (UAZ PA.034, Nachlass Paul Moor). Im Zentrum des Werks von Moor steht seine Theorie des Inneren Haltes (vgl. Moor 1951, 1965). Seine Leitideen lassen sich an den folgenden drei Aussagen aufzeigen:

  • „Wir müssen das Kind verstehen, bevor wir es erziehen“.
  • „Wo immer ein Kind versagt, haben wir nicht nur zu fragen: Was tut man dagegen? – Pädagogisch wichtiger ist die Frage: Was tut man dafür? – nämlich für das, was es werden sollte und werden könnte“.
  • „Wir haben nie nur das entwicklungsgehemmte Kind als solches zu erziehen, sondern immer auch seine Umgebung“ (Moor 1965, 17 ff.).

Von Paul Moor betreute Dissertationen an der Universität Zürich

1953

Bosshard, Paul

Der Taubstumme

1953

Kohen, Reuven

Intelligenz und Bewegungsvorstellung

1953

Rashed-Barrada, Hoda

Das Bettnässen

1953

Widmer, Konrad

Die sondererzieherische Situation der Schule beim schwererziehbaren Kind

1954

Hintermann, Rudolf

Ursachen des Selbstmordes bei Jugendlichen

1955

Häberli, Hans

Versuch einer heilpaedagogischen Fassung des Hassphaenomens

Vgl. Dissertationsdatenbank 1899-1955

 

1956

Merian, Doris

Über freches Verhalten im Kindesalter

1956

Ringger, Hans-Jörg

Das Triebleben des Geistesschwachen

1957

Golas, Antoni

Beitrag zur heilpädagogischen Erfassung und Behandlung kriegsgeschädigter Kinder

1957

Wardakis, Themistokles

Kriegsverwahrlosung. Versuch einer Erklärung des Phänomens auf der Basis der Heilpädagogischen Psychologie von Prof. P. Moor.

1958

Braun, Ernst

Über die Phantasie bei schwachbegabten Schülern

1958

Josef, Konrad

Gemütspflege bei schwererziehbaren Kindern durch einfaches Musizieren

1960

Bach, Heinz

Schulische Erziehungsberatung: Möglichkeiten und Probleme des Gesprächs zwischen Schule und Elternhaus

1961

Reichenbach, Paul

Die Erziehung des mongoloiden Kindes

1962

Hoffmann, Wolfhart

Die Mitarbeit des Psychologen im Heim für milieugeschädigte Kinder

1963

Grissemann, Hans

Verpflichtendes und beglückendes Vorbild

1963

Kobi, Emil E.

Das Tagträumen bei Kindern und Jugendlichen

1964

Bonderer, Eduard

Bildungsprobleme der Bergbevölkerung: ein Beitrag zur Diskussion der bergbäuerlichen Krise der Gegenwart

1964

Briner, Fritz

Über die Begriffe Haltung und Halt in Psychologie und Heilpädagogik

1964

Debrunner, Alfred

Freiheit und Vertrauen in der Erziehung

1964

Jacoby, Mario

Grundsätzliche Überlegungen zur Violinpädagogik

1964

Ruof, Gretel

Materialien und Erwägungen zur Erziehung asthmaleidender Kinder

1964

Schläpfer, Gustav Adolf

Schwersterziehbarkeit

1965

Gemmingen-Hornberg, Cäcilia Freiin von

Die Fragwürdigkeit der Diagnose "Pseudodebilität"

1965

Müller, Ursula

Der Rhythmus, ein Problem der Gemütserziehung in heilpädagogischer Sicht

1965

Zindel, Heinz

Probleme der schulischen Bildung und Erziehung des Geistesschwachen

1967

Sachs, Shimon

Aus Nomadenkindern werden Schüler: Erziehungsprobleme orientalischer Einwandererkinder in Israel

1967

Weinschenk, Klaus

Vorbeugen statt Strafen

1968

Haeberlin, Urs

Die Bedeutung der Phantasie in Erziehung und Heilerziehung

1968

Schwarzenbach, Peter

Milieuwechsel am Beispiel der Aufnahme von Kindern und Jugendlichen in Heime, Anstalten und Kliniken

1968

Stalder, Catherine Polly

Die sprachlich-geistige Situation des schwerhörigen Kindes

1969

Nef, Maja Rose

Die Bedeutung von Fest und Feier in Erziehung und Heilerziehung

1969

Trier-Samuel, Alice

Der Trotz in der Entwicklung des Kindes

1970

Ammann, Linde

Der Verwahrlosungsbegriff in Heilpädagogik und Schicksalsanalyse/ Ein tiefenpsychologischer Beitrag zum Problem der Verwahrlosung in der Heilpädagogik, von Moor

1970

Bafi-Yeboa, Victoria Barbara Ansaba

Das Problem der Debilität in Afrika

1970

Brändli, Kurt

Grundsätzliche Bemerkungen zur religiösen Erziehung verwahrloster Jugendlicher in religionspädagogischer und heilpädagogischer Sicht

1970

Haug, Heidi

Das überforderte Kind

1970

Husmann, Wolfgang

Gruppenpädagogik und Gruppenunterricht in der Hilfsschule

1970

Martinoni, Mauro

Neue Ansätze für die Behandlung der Debilität

1970

Schmid, Peter

Heimat als Voraussetzung und Ziel der Erziehung

1970

Siegenthaler, Hermann

Die Erziehung des epilepsiekranken Kindes

1971

Rusterholz-Rohr, Dora

Geduld in der Erziehung

1972

Jörg, Reto

Der Geistesschwache und sein Milieu

Vgl. Dissertationsdatenbank 1956-2017

 

Publikationen von Paul Moor (Auswahl)

Moor, P. (1936). Die Verantwortung im heilpädagogischen Helfen. Dissertation. Zürich: Leemann.

Moor, P. (1937). Konzentrationsübungen. Heilpädagogik 7(4), 833-835.

Moor, P. (1940). Heilpädagogische Ausbildung. Zürich: Heilpädagogisches Seminar.

Moor, P. (1943). Theoretische Grundlegung einer heilpädagogischen Psychologie. Schweizerische Zeitschrift für Psychologie, Beiheft IV.

Moor, P. & Zeltner, M. (1944). Die Arbeitskurve. Eine Anleitung für die Durchführung des Additionsversuches von Kraepelin als Hilfsmittel bei der Erfassung von schwererziehbaren Kindern und Jugendlichen (Hefte für Anstaltserziehung, H. 1). Hausen a. A.: Landerziehungsheim Albisbrunn.

Moor, P. (1944). Lügen und Stehlen als heilpädagogische Aufgabe (Hefte für Anstaltserziehung, H. 2). Hausen a. A.: Landerziehungsheim Albisbrunn.

Moor, P. (1947). Umwelt, Mitwelt, Heimat; eine heilpädagogische Studie über die Faktoren der Entwicklungshemmung und über das Wesen der Verwahrlosung. (Hefte für Anstaltserziehung, H. 5/6). Hausen a. A.: Landerziehungsheim Albisbrunn.

Moor, P. (1947). Grundsätzliches zur Anstaltserziehung. Erziehungs-Grundsätze, Freizeitgestaltung, Gruppeneinteilung (Hefte für Anstaltserziehung, H. 7). Hausen a. A.: Landerziehungsheim Albisbrunn.

Moor, P. (1950). Die Ausbildung des Heilpädagogen. Zürich: Heilpädagogisches Seminar.

Moor, P. (1951). Intelligenz und Phantasie und die Berufswahl (Hefte für Anstaltserziehung, H. 8). Hausen a. A.: Landerziehungsheim Albisbrunn.

Moor, P. (1951). Heilpädagogische Psychologie. I: Grundtatsachen einer allgemeinen pädagogischen Psychologie. II: Pädagogische Psychologie der Entwicklungshemmungen. Bern: Huber.

Moor, P. (1962). Psicopedagogia terapéutica. Versión española del Dr. Augustín. Serrate. Madrid: Morata.

Moor, P. (1962). Die Bedeutung des Spieles in der Erziehung. Betrachtungen zur Grundlegung einer Spielpädagogik. Bern: Huber.

Moor, P. (1965). Heilpädagogik. Ein pädagogisches Lehrbuch. Bern: Huber.

Moor, P. (1969). Kinderfehler – Erziehungsfehler. Bern: Huber.

Moor, P. (1971). Selbsterziehung. Notwendigkeiten und Gefährdungen des Reifens. Bern: Huber.

Moor, P. (1973). Das Spiel in der Entwicklung des Kindes. Entfaltung des Unbewussten im Spielverhalten. Ravensburg: Maier.

Moor, P. (1973). Reifen, Glauben, Wagen: Menschwerdung durch Erziehung. Zürich: Theologischer Verlag.

Ausgewählte Lehrveranstaltungen

(vgl. UAZ AB.1.0682, Frequenzverzeichnis Vorlesungen Moor 1944, 1947, 1956/57)

SS 42

Heilpädagogische Erfassungsmethoden

WS 42/43

Anlage und Umwelt als Faktoren der Entwicklungshemmung

SS 43

Heilpädagogische Psychologie, 1. Teil

WS 43/44

Heilpädagogische Psychologie, 2. Teil

SS 44

Der Formdeutversuch von Hermann Rohrschach

WS 46/47

Spezielle Psychologie der Entwicklungshemmungen

WS 47/48

Schwererziehbarkeit und Intelligenz

WS 56/57

Anstaltserziehung und Erziehungsanstalt

SS 57

Heilpädagogische Diagnose und Erziehungsplan

WS 57/58

Die Bedeutung des Spieles in der heilpädagogischen Situation und die Spieltherapie

SS 58

Psychologisches, pädagogisches und heilpädagogisches Verstehen

WS 58

Psychologie und Pädagogik der Gemütsverarmung und der Verwahrlosung

SS 59

Der innere Halt

Quellen und Literatur

UZH Archiv (UAZ):

PA.034, Nachlass Paul Moor (1899-1977), Findmittel.

AB.1.0682, Dozierendendossier Paul Moor, Frequenzverzeichnis Vorlesungen Moor.

AB.1.0682, Dozierendendossier Paul Moor, Frequenzverzeichnis Vorlesungen 1947.

AB.1.0682, Dozierendendossier Paul Moor, Frequenzverzeichnis Vorlesungen 1956/57.

Dohrenbusch, H. (1985). Heinrich Hanselmann als Universitätsdozent und Leiter des Heilpädagogischen Seminars in Zürich. In: G. Heese; B. Jeltsch & A.-M. Stoffel (Hrsg.), Über Hanselmann nachdenken. Ein Kolloquium über das Werk Heinrich Hanselmanns im Zentenarjahr 1985: Beiträge, Diskussionen, Dokumente (S. 22-41) . Zürich: Institut für Sonderpädagogik der Universität.

Haeberlin, U. (2000). Einleitung. Heilsames in der Tradition der „Züricher Heilpädagogik“. In: U. Haeberlin (Hrsg.), Paul Moor als Herausforderung (S. 7-11). Bern: Haupt.

Jeltsch-Schudel, B. & Schmid, P. (2000). Die Biographie von Paul Moor (1899-1977). In: U. Haeberlin (Hrsg.), Paul Moor als Herausforderung (S. 93-94). Bern: Haupt.

Moor, P. (1951). Heilpädagogische Psychologie. 1. Band (Grundtatsachen einer Allgemeinen Pädagogischen Psychologie) und 2. Band (Pädagogische Psychologie der Entwicklungshemmungen). Bern: Huber.

Moor, P. (1965). Heilpädagogik. Ein pädagogisches Lehrbuch. Bern: Huber.

Autorenschaft

Meret Stöckli

Zeitmarke

27.7.1899

Weiterführende Informationen

Paul Moor

Paul Moor

Quelle: UAZ PA.034.083

Unterschrift Paul Moor

Unterschrift Paul Moor